Episode 8
Immobilien

Lage, Lage, Lage

Heute morgen war ich noch guter Dinge gewesen. Voller Schwung hatte ich mir ausgemalt, wie ich meine fünf Adressen abklappern würde und am Ende des Tages den perfekten Ort für meine Bäckerei hätte. Jetzt war es siebzehn Uhr, und ich war total erledigt.

Die erste Adresse – wie lange schien das her – war eine nette, kleine Bäckerei, die eine Nachfolge suchten. Leider mitten auf der grünen Wiese und daher für meine glutenfrei-Zielgruppe völlig ungeeignet.

Die zweite war perfekt, doch leider so sagenhaft teuer, dass mir das Lächeln mit einem Klirren vom Gesicht fiel.

Die dritte lag in einem dreckigen Hinterhof.

Und die vierte … seufz. Die Lage war perfekt, direkt am Hauptbahnhof. Ein Verkehrsknotenpunkt, von dem man nur träumen kann … Die Miete war nicht günstig, aber angemessen. Und es war schon heute eine Bäckerei. Doch der jetzige Besitzer schaute mich mit so einer Mischung aus Verachtung und Mitleid an, dass mir ganz anders wurde. Er hatte damit angefangen, als ich erzählt hatte, dass ich kein Meister war. Ich glaube, ich muss den Meister dringend nachholen. Dann hatte ich von meinem Konzept erzählt, und da war meinem Gegenüber endgültig das Gesicht eingeschlafen. „Glutenfreie Brötchen“, wiederholte ich mit einer Spur von Trotz in der Stimme. „Ganz fluffig. Das ist eine Marktlücke.“

Er starrte mich an. „Glutenfreie Brötchen?“ Es klang ungefähr so, als ob er „gebratene Frösche?“ gesagt hätte.

Ich nickte knapp. „Ich habe in Mailand zwei Bäckereien gesehen, die nur glutenfreie Ware anbieten.“

„Ach, in Italien.“ Genauso gut hätte er sagen können, „Ach, auf dem Mond.“

Ich wechselte das Thema. „Warum möchten Sie Ihren Betrieb hier aufgeben?“

„Ich möchte mich zur Ruhe setzen. Hab lang genug geschuftet.“ Er zeigte auf die Maschinen hinten in der Backstube. „Die überlass ich Ihnen zu einem Vorzugspreis.“

Ich schaute mir die klapprigen Teile näher an. „Wann haben Sie die gekauft?“

„1975. Sind wie neu, laufen wie geschmiert.“

Ich schluckte. „Ich plane, neue Maschinen zu kaufen.“

„Wozu wollen Sie sich denn den Stress machen? Sie wissen ja, dass Sie bei jedem Umbau die Lebensmittelüberwachung und den Arbeitsschutz informieren müssen. Die stecken überall ihre Nase rein und verlangen Unmögliches. Kostet ein Vermögen, das sag ich Ihnen!“

Ich biss die Zähne zusammen. „Da muss ich dann leider durch.“

Er lehnte sich gegen die Wand und schaute mich kopfschüttelnd an. „Nee, nee, ob ich einem grünen Jungen wie Ihnen meinen schönen Laden überlasse, das weiß ich noch nicht. Sie sind ja noch feucht hinter den Ohren. Ohne meinen Maschinen überlasse ich Ihnen den Laden hier jedenfalls nicht, das können Sie vergessen.“

Ich hob das Kinn. „Ich sende Ihnen ein Angebot. Sie können sich das ja noch überlegen. Jetzt muss ich leider weiter.“ Damit stolperte ich aus dem Laden und setzte mich auf die nächstbeste Parkbank. Der Laden mit den alten Maschinen war nicht schlecht. Daraus konnte man etwas machen – ich sah es schon richtig vor mir. Aber jetzt brauchte ich Hilfe von jemandem, der Ahnung hatte. Am besten einen neutralen Gutachter, der dem Mann mal ins Gesicht sagte, dass seine tollen Maschinen nur noch Schrottwert hatten. Doch woher bekam man so einen?

Kurzerhand rief ich Herrn Zack an. Als Anwalt kannte er doch alle Welt.

Herr Zack brauchte nicht lange nachdenken. „Ich persönlich kenne niemanden, der da helfen kann, aber ich kann Ihnen drei Adressen nennen, die Ihnen weiterhelfen: Fragen Sie als erstes bei der Handwerkskammer nach. Dort sind Sie ja eh in die Handwerksrolle eingetragen. Zusätzlich sollten Sie erst mit der Bäcker-Innung und dann mit der Bäckergenossenschaft Kontakt aufnehmen.“

Ich holte mir rasch einen Zettel hervor und kritzelte die Worte aufs Papier. „Innung und Genossenschaft … was ist denn da der Unterschied?“

„Die Bäcker-Innung ist ein freiwilliger Zusammenschluss verschiedener Betriebe. Sie übernehmen u.a. auch die politische Interessenvertretung aller Bäcker. So etwas gibt es übrigens für viele Handwerksbetriebe, und dort sind sie in einem guten Netzwerk, das Ihnen kompetent helfen kann. Ich denke, die können Ihnen auch einen guten Sachverständigen vermitteln. Zusätzlich stellen sie auch Siegel und Zertifizierungen zur Verfügung.“

„Okay. Und die Genossenschaft?“

„Die Bäckergenossenschaft entstand ursprünglich, weil sich mehrere Bäckereien zusammentaten, um gemeinsam Einkaufsvorteile zu erwirtschaften. Genossenschaften gibt es in sehr vielen Bereichen, nicht nur unter den Bäckern. Über die Genossenschaft kaufen Sie also günstig Rohware ein. Heute macht die Genossenschaft jedoch weitaus mehr, so finanzieren sie z.B. auch neue Unternehmen. Grundsätzlich unterstützen sie auch, wenn Sie Beratung brauchen, z.B. im Bereich Technik, Ladenbau oder Hygiene.“

„Das klingt perfekt.“

„Sie sollten sich in jedem Fall bei beiden anmelden, denn gerade als Jungunternehmer profitieren Sie von den Erfahrungen und Kontakten der alteingesessenen Unternehmen. Das richtige Netzwerk kann Ihnen da enorm helfen.“

„Okay.“ Ich seufzte erleichtert auf. Das klang schon viel netter als „noch feucht hinter den Ohren.“ Vielleicht musste ich doch nicht alles ganz alleine schaffen. „Danke.“

Ich legte auf und krempelte mir die Ärmel hoch. Auf zur Innung.

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