Episode
3
Kreditanfrage
Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Der Anzug saß zu knapp, aber das war nicht der Grund für meine Nervosität, als ich durch die gläserne Drehtür der Bank ging. Fühlten sich alle Leute so klein und wertlos, wenn sie einen Kredit beantragen wollten?
Ich wusste ziemlich mittlerweile genau, was ein Industrieofen und die Einrichtung einer Bäckerei mit kleinem Café kostete. So viel, dass ich bei dem Gedanken an all die Schulden, die ich machen musste, manchmal nicht mehr schlafen konnte.
Herr Zweifel begrüßte mich recht freundlich, doch dann legte er gleich los: „Als erstes müssen wir eine Kreditwürdigkeitsprüfung durchführen. Die stützt sich in erster Linie auf drei Faktoren: Rentabilität, Kapitalverhältnisse, Liquidität.“
Mir wurde schlecht.
Herr Zweifel bemerkte meine sicherlich leicht grünliche Gesichtsfarbe wohl nicht, oder vielleicht war er es auch gewohnt, dass sein Gegenüber so aussah. „Für die Rentabilität benötigen wir bei Existenzgründern vor allem einen Businessplan, der die Umsatzentwicklung der nächsten fünf Jahre glaubwürdig und fundiert darstellt.“
Mein Herz rutschte in die Hose. Mein Umsatz in fünf Jahren?? Wenn ich eine Kristallkugel hätte, wäre ich heute nicht hier.
„Ganz wichtig ist hierbei auch die genaue Betrachtung des Wettbewerbs.“
Ich nickte. Wenigstens das Thema machte mir dank Frau Kracher keine Angst mehr. Doch seine nächsten Worte erstickten den Funken an Optimismus sofort.
„Außerdem ist es wichtig, dass Sie eine gewisse Menge an Eigenkapital mitbringen.“
Ich schluckte. Mein Eigenkapital passte in das Porzellanschwein, das mir mein Kumpel Philipp mal als Scherz geschenkt hatte.
„Und dann ist natürlich die Persönlichkeit des Unternehmers ein nicht zu unterschätzender Faktor.“ Herr Zweifel schaute mich an, als ob er mich eher als Rasenmäher sah … in Kürze durch ein elektrisches Modell zu ersetzen. „Welche Ausbildung bringen Sie denn mit?“
„Ich bin Bäckergeselle und habe meinen Abschluss mit drei gemacht.“ Drei Komma neun sagte die Stimme meines Vaters in meinem Kopf.
Herr Zweifel lächelte, als ob er Zahnweh hätte. „Wie sieht es mit betriebswirtschaftlichem Grundwissen aus?“
Betriebswirtschaft? Igitt. „Ich kann gut mit Geld umgehen.“ Das war eine glatte Lüge. Wie gut, das meine Eltern mich nicht hören konnten.
„In diesem Fall empfehle ich Ihnen einen Grundlagenkurs. Die IHK bietet so etwas an.“ Herr Zweifel wirkte etwas erschöpft.
Ich zwang mich, ihn anzulächeln. Ich glaube, jetzt hilft nur noch die Flucht nach vorne. „Ich habe ein ganz besonderes Konzept“, setzte ich an. „Denn ich spezialisiere mich auf glutenfreie Backwaren. Das fluffigste glutenfreie Brot kommt von Bäckerei Boss!“
Sein Gesicht hellte sich auf. „Das ist ein guter Ansatz. Mein Sohn verträgt kein Gluten.“
Gott sei Dank. Ich griff auf alles zurück, was ich von Frau Kracher gelernt hatte. Glutenfreie Brötchen, Brioches, Brote flogen nur so durch die Luft. Ich redete und redete. Ich malte den Umsatz in den rosigsten Farben. Ich versuchte, jung, dynamisch und erfolgreich zu wirken, und ich hatte wirklich den Eindruck, dass Herr Zweifel ganz angetan war.
Doch dann zog er seinen Bildschirm heran und fragte mich tausend fürchterliche Dinge zu meinem „Vermögen“. Sein Gesicht wurde immer länger, während er alles – oder eher gesagt das Nichts – eintippte, und schließlich schaute er mich bekümmert an. „Es tut mir wirklich leid, Herr Boss, aber das Kreditscoring-System kann aus den Daten, die Sie mir geliefert haben, keine hohe Wahrscheinlichkeit erkennen, dass Sie den Kredit störungsfrei bis zum Ablauf der Kreditbefristung zurückzahlen werden.“
Ich blinzelte.
Er hatte wohl den Eindruck, dass ich ihn nicht verstanden hatte. „Wir können Ihnen keinen Kredit bieten.“
Ich hatte ihn sehr wohl verstanden. Ich wollte es nur nicht glauben. Verzweifelt schaute ich ihn an. „Gar keinen Kredit?“
Er schüttelte langsam den Kopf.
Völlig zerschmettert kroch ich aus der Bank. Man muss Geld haben, um welches zu bekommen. Wer hatte das noch gleich gesagt? Toller Spruch. Da fiel mir gleich noch einer ein. Die erste Million ist die schwerste. Ha. Ich musste Tante Ursel mal fragen, wie sie es eigentlich geschafft hatte. Wie vom Blitz getroffen blieb ich stehen. Tante Ursel! Sie war zwar eine gestandene Geschäftsfrau, die man nicht so schnell überzeugen konnte, aber wir hatten uns auf den Familienfeiern immer gut verstanden. Der gleiche böse Sinn für Humor hatte uns vereint … und Eierlikör. Ich drehte mich auf dem Absatz um, um ein, zwei Fläschchen zu kaufen. In mir reifte schon die Idee für eine glutenfreie Eierlikör-Brioche. Das würde ihr schmecken. Tante Ursel, Du weißt es zwar noch nicht, aber Du bist auf dem besten Weg, meine Bank zu werden!
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